Das Elektroreizgerät (Teletakt-, Teleimpuls-, Reizstromgerät)
Verbot in Deutschland - s. Urteil vom Bundesverwaltungsgericht Leibzig (BVerwG 3 C 14.05 -
Urteil vom 23.06.2006)
Gewalt beginnt da, wo Wissen endet!
Das Elektroreizgerät (Teletakt-Gerät) oder heiligt der Zweck die Mittel?
Das Teletakt-Gerät: "Teletakt" war der Modellname des ersten Elektroreizgerätes
für Hunde. Heute ist der Begriff "Teletakt-Gerät" das Synonym für alle
Elektroreizgeräte. Es ist im Regelfall ein Halsband, das ferngesteuert (über Funk)
Elektroschläge, einer oft einstellbaren elektrischen Feldstärke, Impulsanzahl und
Impulsdauer, ausführen kann. Optional können oft auch Vibrationen ausgelöst
werden. Spezielle Ausführungen lösen beim Bellen des Hundes automatisch aus.
Die immer wiederkehrende Frage bei der Hundeerziehung lautet: "Brauchen wir Elektroreizgeräte
(Teletakt-Gerät) bei der Hundeerziehung und bei der Umerziehung von bestimmten Problemen?"
Die Befürworter des Einsatzes des Teletakt-Gerätes sind oft unter Jägern und krankhaft
ehrgeizigen Hundesportlern zu finden. Glaubt man diesen Befürwortern, kann man heute ohne
Stromschlag keinen Hund mehr vernünftig ausbilden.
Einige Hundebesitzer setzen diese Geräte nur bei verschiedenen unerwünschten
Verhaltensweisen von ihren Hunden, wie z. B. Streunen oder dem Jagdtrieb, ein. Elektrozaun
und Teletakt-Gerät werden oft empfohlen - das Resultat ist oft ein neurotischer Hund im
Tierheim oder beim TA zur Euthanasie!
Als Ausrede wird angegeben, sie könnten sonst dem Hund kein artgerechtes Leben bieten
(lebenslanger Leinenzwang), da ihr Familienhund immer wieder unerlaubt jagen geht. Gerne
wird auch argumentiert, dass es beim Einsatz des Teletakt-Gerätes seitens eines
Fachmannes, zu keinen Problemen kommt. Dass man den übertriebenen Jagtrieb in den
Griff bekommen kann, beweisen zahlreiche wirklich kompetente Hundeausbilder, die
dieses Problem "ohne Strom" bewältigen.
Die Diskussion über das Für und Wider von Elektroschocker wird überwiegend
emotional geführt. Eigentlich gibt es ausgezeichnete Gutachten von anerkannten Fachleuten,
die klar aussagen, dass diese unangemessenen Straf- oder Trainingsmethoden zur Neurosen,
Magen-Darm-Geschwüren, Herzerkrankungen, Schlafstörungen usw. führen können,
um nur einige aufzuzählen. Auch erlernte Hilflosigkeit steht auf dieser langen Liste. Leider
ist dies von den Befürwortern oft gewollt und wird dann mit Gehorsam verwechselt.
Hunde haben ein hochentwickeltes Gehirn, sind soziale Lebewesen und leben in sozialen Gruppen
in denen sie nicht linear organisiert sind. Sie kommunizieren untereinander und sind zu
Emotionen fähig. Sie sind total abhängig von uns und wir tragen die volle
Verantwortung was mit ihnen passiert.
Wer sich für den Einsatz eines
Teletakt-Gerätes entscheidet, nimmt ein erhebliches Leiden in Kauf. Es ist nicht "nur"
eine Sache der Ethik auf solche Geräte zu verzichten.
Sie sind auch in mehreren Ländern verboten, so nun auch in Deutschland
(!) aufgrund des Urteiles vom Bundesverwaltungsgericht Leibzig -> BVerwG 3 C 14.05 - Urteil
vom 23.06.2006). Und das sicher nicht grundlos.
Hier ein Auszug aus dem Buch: "Grundlagen einer tierschutzgerechten Ausbildung von Hunden"
- Gutachten zur Verwendung von Elektroreizgeräten bei der Ausbildung von Hunden aus
ethischer und ethologischer SichtISBN 398015453X, erhältlich beim VDH (Verband für
das Deutsche Hundewesen).
Das ethische Gutachten ist von Prof Dr.Gotthard M. Teutsch.Das ethologische
Gutachten von Dr. med. vet. Dorit Urd Feddersen-Petersen. Eigene Untersuchungen zum Einsatz
eines elektrisierenden Trainingshalsbandes:
Im Mai/Juni 1998 wurden 12 Hunde etwa gleichen Alters mit dem Teletakt-Gerät konditioniert.
Das zu beseitigende Verhaltensproblem war bei allen ein ausgeprägtes
Jagd- und Beutefangverhalten. Alle Hunde gehörten einer Jagdhunderasse bzw. einer
Schutzhunderasse an und waren erwachsene und ausgebildete Schutzhunde bzw. Jagdhunde. Sie
waren mindestens 10 Tage lang zuhause stundenweise mit dem Attrappenhalsband in entspannter
Atmosphäre vertraut gemacht worden. So sind die Tiere zumindest hinsichtlich der
aufgeführten Parameter vergleichbar und es macht Sinn, sie zu testen.
- Deutsch Kurzhaar, Rüde, 4 Jahre, jagdlich geführt.
- Kleiner Münsterländer, Rüde, 5 Jahre, ausgebildet, jedoch nicht
jagdlich geführt aufgrund hochausgeprägter Jagdmotivation, die immer wieder zum
Beutefangverhalten längerer Dauer führte.
- Rauhaardackel, Rüde, 4 Jahre, jagdlich geführt.
- Kurzhaarteckel, Hündin, 6 Jahre, jagdlich geführt.
- Labrador Retriever, Hündin, 6 Jahre, jagdlich geführt.
- Flat coated Retriever, Rüde, 6 Jahre, nicht jagdlich geführt.
- Deutsch Langhaar, Rüde, 4 Jahre, jagdlich geführt.
- Kleiner Münsterländer, Hündin, 5 Jahre, nicht jagdlich geführt.
- Deutscher Schäferhund, Rüde, 4 Jahre, geprüfter Schutzhund.
- Rottweiler, Rüde, 5 Jahre, Schutzhundeausbildung.
- Riesenschnauzer, Rüde, 4 Jahre, Schutzhundeprüfung.
- Rottweiler, Hündin, 7 Jahre, Schutzhundeausbildung.
Da in eigener Verhaltensberatung diese Problematik so gut wie nie auftrat, anderseits allein
das selbstbelohnende Verhalten des Jagens als einzige Denkmöglichkeit einer evtl.
Indikation für eine Konditionierung mit einem Elektroreizgerät angesehen wird,
wurden entsprechende Problemhunde verschiedener Therapeuten "gesammelt" und gleichen
Tests unterzogen.
Alle Hunde wurden im "Open Field", also auf unbekanntem Territorium, auf Umweltsicherheit
und soziale Sicherheit sowie soziale Verträglichkeit dem Hundehalter wie der Testperson
gegenüber geprüft:
sozio-positives Verhalten (Verhalten, welches zur Abstandsverminderung führt, also z. B.
zur Kontaktaufnahme) wie sozio-negatives Verhalten (führt zur Distanzvergrößerung,
z. B. Meideverhalten). Anhand des Verhaltens der Tiere (Ausdruckverhalten) waren vor und nach
der Elektroreizerfahrung in einer definierten Testsituation deutliche Unterschiede nachzuweisen.
Insbesondere das Sozialverhalten (30 Minuten nach der Elektrostimulation) dem Hundehalter
gegenüber war m.o.w. stark beeinträchtigt.
Bis auf ein Tier (Deutsch Langhaar) verhielten sich alle Hunde ängstlich, waren
hektisch, blieben nicht beim Besitzer, wichen ihm vielmehr ständig aus. Der Rottweiler,
der vor der Stimulation durch ausgeprägte Umweltsicherheit und Imponieren der Testperson
gegenüber aufgefallen war und dessen Loslaufen im Ansatz gestoppt werden konnte,
trat im zweiten Testdurchgang ebenso sicher auf, wirkte jedoch gereizt und bedrohte die
Testperson jetzt. Ein Hund (Riesenschnauzer) war nicht ansprechbar, verkroch sich wimmernd in
der Ecke und zeigte Apathie. Auch die Umweltsicherheit war bei den meisten Hunden herabgesetzt,
sie wichen Reizen aus, denen im ersten Durchgang angstfrei begegnet worden war, hockten bei
geduckter Körperhaltung oder bewegten sich so und zeigten Angstkoten. Die
Kurzhaarteckelhündin lief in Panik zick-zack-artig über das Gelände, zeigte
ausgeprägtes Fluchtverhalten und lief/sprang dabei immer wieder gegen den Zaun.
Schlussfolgerung:
Wir dürfen uns beim Umgang mit dem Hund keine "Unfälle" beim Strafen erlauben, die
diesem ein erhebliches Leiden zufügen können. Es gibt eine Fülle einsetzbarer
Alternativen und Trainingsarten, die überdies erfolgreicher sind. Es kann nicht stark
genug betont werden, dass strafende Lernmethoden oder eine bedrohliche Umgebung Hunde
ständig in Erregung versetzen. Aus dem Bestreben heraus, sich schützen
zu müssen, führen etliche der hundlichen Reaktionen dann mitunter zu gefährlichen
Zwischenfällen. Hunde werden danach oft als "Bestien" tituliert. Das nötige
Nachdenken wie es zu dem Unfall kam unterbleibt. Methoden, die auf Motivationsförderung
basieren, setzen sicher mehr Phantasie beim Hundetrainer voraus, aber sie sind weit
erfolgreicher und angenehmer für den Hund wie für den Besitzer.
Unsere Einstellung zum Hund muss sich weiter ändern. Diese Änderungen werden
letztendlich zur Abkehr vom "Strafe-orientierten-Vorgehen" beim Hundetraining führen.
Ich glaube fest daran, denn unsere Einstellung zum Tier ist ein Spiegelbild unseres Umgehens
mit der gesamten Natur und unseren Mitmenschen. Die Mystifizierung im Hundesport, grob
gesprochen, eine Vereinfachung durch laienhafte Vorstellungen von der Ethologie des Hundes,
muss endlich durch Anwendung lernbiologischer Methoden ersetzt werden.
Wer sich für Stromschlag entscheidet, nimmt also erhebliche Leiden des Hundes in Kauf,
verstößt in Deutschland gegen das Gesetz (!) und geht das Risiko ein, dass sein
Hund früher oder später einmal durchdreht.
Betrachtet man das Tierschutzgesetz (siehe www.deutscher-tierschutzbund.de) ein bisschen
genauer, ist nicht nur das Teletakt-Gerät verboten, sondern alle Hilfsmittel die dem Hund
Schmerzen bereiten. Aber auch jede Einschüchterung des Hundes ist verboten. Ein gutes
Gesetz - aber wo keine Kontrolle, da ist auch kein Richter!
Deshalb ist jeder aufgefordert, Tierquälereien, die zu beobachten sind, zur Anzeige zu
bringen!
Auch der Mensch ist den Prinzipien der lernbiologischen Gesetze unterworfen. Bei der Bearbeitung
dieses Textes stellten wir uns automatisch die Frage, wie viele Ausbildungsveranstalter(
Hundesportvereine, Hundeschulen, Hundeausbilder etc.) noch arbeiten dürften, wenn sie
sich genau an den Gesetzestext hielten? Auch manche Ausbildungsveranstalter die Teletakt-
Geräte und Stachelhalsband ablehnen, arbeiten noch immer über Einschüchterung -
leider.
Einen weiteren Betrachtungspunkt möchten wir noch hinzufügen. Dass die Anwendung des
Teletakt-Gerätes Schmerzen verursacht steht außer Zweifel. Der Grad der Schmerzen
hängt von vielen Faktoren ab, u. A. von der Stromstärke. Der Grad der Schmerzempfindung
ist jedoch individuell. Das kennen wir von uns Menschen. Je nach Empfindlichkeit des Hundes
und der Gegebenheiten der Umwelt wie Ablenkung, Nässe des Felles, Erregungszustand usw.
ist der Schmerz mehr oder weniger stark. Auch der beste Fachmann kann die richtige "Dosis"
nicht genau einstellen und bei der Unterbrechung einer Instinkthandlung wie dem Jagen reicht
eine kleine "Dosis" nicht aus.
Schließlich weiß man aus vielen Untersuchungen, dass selbst "harmlos erscheinende"
Stromstösse bei Tieren erhebliche Gewebeveränderungen in der Muskulatur und im
Gehirn verursachen können. Diese reichen von kleinen Blutungen bis zu erheblichen
Gewebestörungen. Die Verursachung von Schmerzen und Schäden kann aber bei einer
artgerechten Ausbildung von Hunden nicht das Ziel sein.
Die moderne Hunde-Ausbildung will heute den gehorsamen und sozialsicheren Hund, der sich gut
in unsere Welt integriert. Sie will nicht den stumpfen "Gehorsams-Idioten" den man wegstellt,
wenn er nicht gebraucht wird, der nur auf bestimmte Kommandos reagiert und auf Grund seiner
Ausbildung eine Gefahr für die Umwelt darstellt - eine lebende Zeitbombe!!!
Fazit: Damit weniger Unfälle passieren brauchen wir den sozialsicheren Hund und keinen
gedrillten Hund, der nur vorübergehend ein gutes Resultat zeigt. Der Zweck heiligt eben
nicht die Mittel!
Quelle: Hundefachzeitschrift DER HUND
u.a. Publikationen von Prof. Dr.Gotthard M. Teutsch,
ethologische Gutachten von Dr. med. vet. Dorit Urd Feddersen-Petersen.
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